Kompetenzmodelle
Der Erfolg eines Unternehmens hängt von den Kompetenzen der Mitarbeitenden ab. Das genaue Verständnis dessen, welche Verhaltensweisen und Fähigkeiten notwendig sind, um gegenwärtig und zukünftig erfolgreich zu sein, ist essenziell für fast jeden Aspekt der Personalarbeit (Human Resources Management).
Kompetenzmodelle stellen ein vielseitiges und effizientes Instrument dar, um die erfolgsrelevanten Fähigkeiten der Mitarbeitenden zu erkennen, auszuwählen und zu entwickeln.
Sie haben nicht viel Zeit zu lesen? Dann lesen Sie diese Zusammenfassung:
Kompetenzmodelle werden von Experten und Führungskräften eines Unternehmens gemeinsam entwickelt (mit Unterstützung von Organisationspsychologen). In Kompetenzmodellen werden die erfolgskritischen Anforderungen für alle Mitarbeitenden beschrieben, sowohl die positionsübergreifenden als auch die aufgabenspezifischen.
In den Kompetenzen werden neben den heute notwendigen auch die zukünftig erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnisse beschrieben.
Ein Kompetenzmodell ist ein wichtiges Werkzeug des Kompetenzmanagements und stellt eine wertvolle Hilfe für unterschiedliche Aspekte des Human-Resources-Managements dar. Es ist ein effizientes Arbeitsmittel, um Unternehmen zukunftsfähig auszurichten.
Inhaltsverzeichnis
Definition: Was ist ein Kompetenzmodell?
Ein Kompetenzmodell ist eine Sammlung von Verhaltensweisen, Kenntnissen, Fertigkeiten, Fähigkeiten und anderer Merkmale (englisch KSAOs abgekürzt).
Ein Kompetenzmodell definiert die Bausteine, die Mitarbeiter benötigen, um erfolgreich zu sein.
Das Kompetenzmodell kann man verwenden, um:
Mitarbeiter zu gewinnen
Mitarbeiter auszuwählen
Qualifikationsdefizite zu erkennen
Personalentwicklung zu steuern
Personalbedarf zu planen
Karrierewege zu planen
Performance Management zu steuern.
Sinn und Nutzen von Kompetenzmodellen
Kompetenzmodelle können sowohl aufgabenspezifisch (für eine bestimmte Rolle oder Aufgabe) als auch unternehmensübergreifend (für alle Rollen und Mitarbeiter im Unternehmen) definiert werden.
In der Praxis hat sich eine Mischung aus beidem bewährt – ein modulares System aus Kompetenzen, von denen einige für jeden Mitarbeiter im Unternehmen gelten, das durch aufgabenspezifische Kompetenzen ergänzt wird.
Wozu werden Kompetenzmodelle benötigt?
Personalauswahl
Ein Kompetenzmodell bietet Interessenten für Positionen eine transparente Übersicht über die Anforderungen der jeweiligen Positionen – eine „realistic job preview” (realistische Vorschau). Dies hilft Interessenten, selbst ihre Eignung und ihr Interesse an der Position einzuschätzen.
Für die Einstellungsentscheidung helfen Kompetenzmodelle, verschiedene Interessenten für einen Job objektiv einzuschätzen und zu vergleichen, also den am besten geeigneten Bewerber einzustellen.
Ausbildung, Training und Personalentwicklung
Kompetenzmodelle sind ein Leitfaden für die gezielte Personalentwicklung von Mitarbeitern, sie liefern der Organisation eine Liste der Kompetenzen, die für die Entwicklung und den Erfolg der Mitarbeiter notwendig sind.
Auf Basis der Analyse eines Kompetenzmodells können Schulungs-, Trainings- und Entwicklungsangebote entwickelt werden, die mit der Strategie des Unternehmens in Einklang sind. So können die Kosten für Personalentwicklung verringert werden – es werden nur die Kompetenzbereiche entwickelt, die für den Erfolg des Unternehmens wichtig und mit den Unternehmenszielen in Einklang sind.
Im Abgleich zwischen Ist-Zustand (vorhandene Kompetenzen) und Soll-Zustand (gewünschte Kompetenzen für die jetzige oder zukünftige Position) kann gezielte Kompetenzentwicklung betrieben werden.
Wünschen Sie weitere Informationen zum Thema Kompetenzmodell, Training und Personalentwicklung?
Performance Management
Kompetenzbasiertes Leistungs-Feedback an Mitarbeiter ist objektiver als Feedback „aus dem Bauch heraus”. Wenn die Leistungsbewertung von Mitarbeitern an Hand von Kompetenzen erfolgt, führt das zu einem gemeinsamen Verständnis der gewünschten Fähigkeiten und Verhaltensweisen zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern.
Die Übersetzung der Unternehmensstrategie in Kompetenzen macht es für alle Mitarbeiter nachvollziehbar, was von ihnen erwartet wird.
Nachfolgeplanung
Für die Besetzung von offenen Positionen machen Kompetenzmodelle transparent, was die Anforderungen für diese Positionen sind.
Das ermöglicht es Mitarbeitenden wie Vorgesetzten, rechtzeitig die notwendigen Kompetenzen bei Mitarbeitenden zu entwickeln und zu fördern, um geeignete potenzielle Nachfolger aufzubauen.
Vorteile eines Kompetenzmodells
Für das Unternehmen
- Strategie und Unternehmensziele werden in konkrete Verhaltensweisen, Fähigkeiten und Fertigkeiten heruntergebrochen.
- Personal- und Kompetenzentwicklung erfolgt gezielt, Kosten für Training und Schulung werden dadurch gesenkt.
- Alle Führungskräfte und Mitarbeitenden sprechen eine gemeinsame Sprache, es gibt ein gemeinsames Verständnis der erfolgskritischen Verhaltensweisen und Kompetenzen.
Für Führungskräfte
- Leistung von Mitarbeitenden erfolg objektiv anhand definierter Kriterien.
- Leistungsrückmeldung erfolgt auf Basis erfolgskritischer, objektiver Kriterien.
- Es gibt eine klare Grundlage, was „Leistung” bedeutet.
Für Mitarbeitende
- Klarheit über die Erwartungen des Vorgesetzten und des Unternehmens an das eigene Verhalten.
- Leistungsbeurteilung erfolgt auf Basis objektiver Kriterien.
- klares Aufzeigen von Entwicklungspfaden – sowohl was Kompetenzentwicklung als Karrierepfade angeht.
Für externe Interessenten
- Schaffung eines realistischen Bildes der Erwartungen des Unternehmens an (zukünftige) Mitarbeitende.
- Employer Branding: Schaffung einer klaren Unternehmenspersönlichkeit durch Veröffentlichung der gewünschten Kompetenzen in Stellenanzeigen und Unternehmensveröffentlichungen
Kompetenzmodelle in der Praxis
Exkurs: Kompetenz, Fähigkeit, Eignung, Passung
Eine Fähigkeit im engeren Sinne ist, wenn ein Mensch in der Lage ist eine Handlung auszuführen. Beispiel: „Die Fähigkeit, im Kopf rechnen zu können.”
Der Plural „Fähigkeiten” ist breiter gefasst und umfasst häufig auch Wissenskomponenten. Zum Beispiel benötigt man bestimmte Fähigkeiten, um Auto fahren zu können (die körperliche Beherrschung von Gas, Bremse, Lenken sowie das Wissen um Verkehrsregeln).
Kompetenzen sind den Fähigkeiten sehr ähnlich – damit ist das Wissen und Können gemeint, um Aufgaben erfolgreich bewältigen zu können. Es sind also Handlungsvoraussetzungen.
Im angelsächsischen Sprachraum werden Kompetenzen mit dem Kürzel KSA beschrieben – Knowledge (Wissen), Skills (Fertigkeiten) und Abilities (Fähigkeiten).
Die Eignung (für eine bestimmte Position) kann man als die Übereinstimmung der bei einem Mitarbeiter vorhandenen Kompetenzen und der für den Job erforderlichen Kompetenzen definieren. Je mehr diese übereinstimmen, desto höher ist die Eignung des Mitarbeiters für die jeweilige Aufgabe.
Passung ist hingegen ein weicherer Faktor. Ob ein Mitarbeiter erfolgreich ist, hängt nicht nur davon ab, wie gut er die Aufgaben erledigt, sondern auch, wie gut er sich in das soziale Gefüge der Abteilung oder des Unternehmens einfügt, inwieweit er die Unternehmenswerte teilt und die „Chemie” mit den Kolleginnen und Kollegen stimmt. Diese nicht-aufgabenorientierten Faktoren werden als „Corporate Citizenship“ bezeichnet (also sinngemäß inwieweit jemand ein guter „Unternehmens-Mitbürger” ist).
Für wen sind Kompetenzmodelle sinnvoll?
Prinzipiell sind Kompetenzmodelle für jedes Unternehmen und jede Position sinnvoll. Auch wenn häufig nur große Unternehmen den Aufwand betreiben (s.u. – „Erstellung von Kompetenzmodellen”), so lohnt es sich auch für kleine und mittelständische Unternehmen (KMUs), eigene Kompetenzmodelle zu entwickeln.
Was sind Beispiele für Kompetenzen?
Name der Kompetenz
In der Überschrift wird ein möglichst allgemeinverständlicher Titel für die jeweilige Kompetenz genanntDefinition
Daneben wird eine griffige Definition der Kompetenz aufgeführt, d. h. welche Fähigkeiten, Eigenschaften, Verhaltensweisen und Kenntnisse gehören zu der Kompetenz?Verhaltensindikatoren (Behavioural Indicators)
Die Verhaltensindikatoren sind der Kern der Kompetenzen, sie setzen eine (recht abstrakte) Kompetenz in konkretes Verhalten im Arbeitsalltag um. Die Leitfrage für die Verhaltensindikatoren ist, „Woran erkennen wir im Arbeitsalltag eine Leistung auf dem jeweiligen Kompetenzniveau?”Kompetenzstufen
Hier werden in drei bis sieben Stufen die verschiedenen Kompetenzstufen beschrieben.
Wie entwickelt man ein Kompetenzmodell?
1. Sammeln vorhandener Informationen
Der erste wichtige Schritt ist die Arbeitsplatzanalyse – auf Basis der im Unternehmen vorhandenen Informationen wie Stellenbeschreibungen, Stellenausschreibungen, Inhalte von Schulungen und Zertifizierungen. Dabei kann man auch externe Quellen hinzuziehen – etwa Best Practices aus anderen Unternehmen oder Veröffentlichungen von Institutionen wie der Bundesagentur für Arbeit oder Fachverbänden (z.B. VDI).
Zur Sammlung vorhandener Informationen gehört auch der Dialog mit der Unternehmensleitung – welche Unternehmensziele und -strategien existieren? Gibt es „Vision & Mission” für das Unternehmen? Wenn ja, müssen diese Informationen in die Entwicklung von Kompetenzmodellen Einfluss finden.
2. Identifizierung und Einbindung von Fachexperten (Subject Matter Experts - SMEs)
Die Wahl der richtigen Experten für den Prozess der Kompetenzmodell-Entwicklung ist entscheidend für die Qualität des Kompetenzmodells. Diese Fachexperten müssen nicht nur über Fachwissen verfügen, sondern auch die aktuellen und zukünftigen (!) Entwicklungen in ihrem Fachgebiet kennen.
Für die unternehmensübergreifenden Kompetenzen (überfachliche Kompetenzen) sind die Führungskräfte und das Top-Management die geeigneten Fachexperten.
3. Entwicklung von Kompetenzmodellen
Entwurf der Kompetenzmodelle
An dieser Stelle greift man gerne auf Hilfe durch externe Experten (Psychologen) zurück. Die Arbeitszeit der Fachexperten ist teuer und begrenzt, deshalb sollten die Beschreibungen der Kompetenzen nicht von diesen selbst erstellt werden, sondern nur überprüft werden. Die aufwändige Sammlung der Kompetenzen und deren Definition fällt diagnostischen Experten hingegen leicht.
Überprüfung und Verfeinerung der Kompetenzmodelle
Der erste Entwurf der Kompetenzen wird dann von den Fachexperten überprüft und überarbeitet – häufig in Form eines gemeinsamen Workshops, an dessen Ende ein fertiges Kompetenzmodell steht.
4. Validierung der Kompetenzmodelle
Die fertigen Kompetenzmodelle sollten dann von juristischen Experten dahingehend überprüft werden, ob sie im Einklang mit gesetzlichen Bestimmungen (z.B. dem Allgemeinen Gleichstellungsgesetz – AGG) sind. Außerdem werden die fertigen Kompetenzmodelle von den Mitarbeitenden selbst bewertet werden.
Dabei sollen die Mitarbeitenden einschätzen, wie wichtig die jeweiligen Kompetenzen sind, wie schnell diese on-the-job zu erlernen sind und welches Ausmaß für verschiedene Kompetenzstufen erforderlich ist.
5. Implementierung und Überprüfung
Der eigentlich Nutzen von Kompetenzmodellen liegt in deren Anwendung, also darin, sie in der täglichen Arbeit zu nutzen. Die fertigen Kompetenzmodelle müssen dann auf ihre unterschiedlichen Anwendungsfälle (Einstellung, Leistungsbeurteilung, Schulungen etc.) hin umgesetzt werden.
Natürlich können sich die Kompetenzen auch verändern – Auslöser können technologische Veränderungen, aber auch ein verändertes Marktumfeld oder Strategien sein. Deshalb müssen die Kompetenzmodelle regelmäßig überprüft und gegebenenfalls überarbeitet und angepasst werden.
Fazit
Damit Unternehmen zukünftig in einer zunehmend dynamischen und sich verändernden Umwelt erfolgreich sein können, müssen sie sich an diese Veränderungen anpassen. Die Entwicklung und Anwendung von Kompetenzmodellen kann ein wichtiger Wettbewerbsvorteil sein.
Ein wichtiger Vorteil von Kompetenzmodellen ist, dass sie nicht nur gegenwärtige Herausforderungen (das, was Mitarbeitende heute benötigen, um erfolgreich zu sein) umfassen, sondern auch zukünftige Herausforderungen (was werden Mitarbeitende in der Zukunft benötigen?).
Richtig eingesetzt sind Kompetenzmodelle ein wichtiges Instrument um Unternehmen fit für die (teilweise noch unbekannten) Herausforderungen der Zukunft zu machen.
FAQ
Kompetenzmodelle sind eine Zusammenstellung der Fähigkeiten, Kenntnisse, Fertigkeiten und Eigenschaften, die Mitarbeiter benötigen, um ihre Aufgaben erfolgreich zu erledigen. Ein Kompetenzmodell kann entweder allgemein gehalten sein (s. nächster Punkt), unternehmensspezifisch, ebenenspezifisch oder jobspezifisch sein.
Mitunter kann man sich den Aufwand für die Erstellung unternehmens- oder jobspezifischer Kompetenzmodelle sparen, indem man auf allgemein gültige, „generische” Kompetenzmodelle zurückgreift, die aus der psychologischen Forschung kommen. Ein Beispiel für ein solches allgemeingültiges Kompetenzmodell sind die „Great Eight„:
Führen und Entscheiden
Unterstützen und zusammenarbeiten
Kommunizieren und präsentieren
Analysieren und interpretieren
Gestalten und kreieren
Organisieren und ausführen
Anpassen und bewältigen
Ergebnisse erreichen
Kompetenzmodelle können für unterschiedliche Bereiche eingesetzt werden:
Einstellung neuer Mitarbeiter
Beförderung von Mitarbeitern
Individuelle Förderung (Personalentwicklung) von Mitarbeitern
Talent Management
Nachfolgeplanung
Assessment Center
Personalentwicklungs-Strategien
Performance-Management (Leistungsbewertung)
Karriereentwicklung
Das hängt davon ab, ob es sich um allgemeine Kompetenzmodelle, unternehmensspezifische oder sogar jobspezifische Kompetenzmodelle handelt. Auf der psychologischen Ebene (s.: „Was sind generische Kompetenzmodelle?“) gibt es wenig Unterschiede in den benötigten Kompetenzen zwischen verschiedenen Branchen.
Hier gibt es verschiedene Wege.
Personalverantwortliche erstellen Kompetenzmodelle auf Basis der vorhandenen Informationen (z.B. Stellenbeschreibungen, Interviews mit Stelleninhabern)
Top-Down: in Tiefeninterviews mit dem Top-Management werden die zukünftig notwendigen Kompetenzen aus den strategischen Zielen des Unternehmens abgeleitet.
Experten erstellen auf Basis empirischer psychologischer Befunde ein Kompetenzmodell.
In der Praxis findet man meist eine Kombination dieser Herangehensweisen.
Kompetenzmodelle sollten nicht zu häufig verändert werden. Anlässe für eine Überprüfung sind strategische Neuausrichtungen, Änderungen der Mitarbeiterstruktur, des Top-Managements, der Märkte oder der Rahmenbedingungen.
Kompetenzmanagement bedeutet, die im Unternehmen bei den Mitarbeitern vorhandenen Potenziale zu erfassen und zielgerichtet auf die zukünftig notwendigen Kompetenzen hin zu entwickeln.
Kompetenzmodelle stellen für das Personalmanagement Richtschnur, Orientierung und Leitplanke dar. Idealerweise orientieren sich alle HR-Maßnahmen (Einstellung, Beförderung, Entwicklung, Talentmanagement, Leistungsbeurteilung) an dem vorhandenen Kompetenzmodell.